Liebe Großauer,
einige Änderungen, viele Bemühungen und viel, viel Geduld hat uns dieses Jahr 2020 und vor allem die Pandemie abverlangt. Auch unsere Gemeinschaft hat unter all diesen Umständen gelitten und ist zu kurz gekommen. Trotzdem konnten einige Projekte und Aufgaben geplant und erledigt werden. Davon wurde auch immer wieder berichtet und es kann auch auf unserer Homepage nachgelesen werden. Das Jahr geht nun zu Ende und unser Augenmerk, unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf den Advent, auf Weihnachten, eine Zeit die sicherlich in diesem Jahr zu der schwierigsten gehört. Wir hoffen, dass gute Gesundheit Sie alle durch` s Jahr bisher begleitet hat. Vielleicht können doch kleine Familiengemeinschaften ein ruhiges, friedvolles Fest feiern. Die wertvollen Erinnerungen aus der guten, alten Zeit und unserer Heimatgemeinde Großau sind an solchen Festen, ganz besonders an diesem Weihnachtsfest sicherlich ein guter Begleiter. Damit hat sich auch unser Pfarrer Mathias Stieger beschäftigt und in einem Adventgruß zusammengefasst.
Als Zeichen unserer Verbundenheit, unseres Gemeinschaftssinnes grüßen wir heute damit all unser Großauer und wünschen eine geruhsame, ruhige, friedvolle Adventzeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest.
In herzlicher Verbundenheit – Eure Heimatsortsgemeinschaft Großau
Advent – aus der Sicht eines Großauer Buben von der Bahn
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit,
Ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich,
Der Heil und Leben mit sich bringt; derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer reich von Rat.
sang bedächtig das Volk der Christen in der großen gotischen Hallenkirche unserer Heimat, begleitet von der Trengo an der Orgel. „Es kommt der Herr der Herrlichkeit“ und wer kam herein in die Kirche? Ja, wer schon, der Pfarrer Weingärtner in seinem Mente (Winterornat). Angesichts dieses Bildes kam sich der kleine Bub von der Bahn ganz klein vor und sah voller Sehnsucht auf den schön- und festgebundenen Adventkranz, der von der Kirchendecke herunterhing, wobei zunächst nur eine Kerze hell leuchtete und Vertrauen ausstrahlte. Jeden Sonntag kam eine neue hinzu. Etwas Außergewöhnliches, action (äktschn), im Leben dieses Buben aus Großau von der Bahn. Im Kindergottesdienst sangen wir Adventlieder. Unser Pfarrer konnte nicht nur sehr gut singen und spannend erzählen, sondern auch die große Kinder- und Konfirmandenschar „bändigen“. Und das alles ohne Jugendleiterin, ohne betreuende Psychologin oder Sozialarbeiterin. Ohne Liedblätter, Overheadprojektor oder Beamer. Die Lieder und Kanons wurden ganz einfach eingeprägt und auswendig behalten.
Der Alltag in der Schule, wo es nichts adventliches gab, auch kein Gedudel der Weihnachtslieder von einem „Difusor“, aus dem ganz andere Musik und uninteressante Nachrichten in einer fremden Sprache kam, wurde vom gottesdienstlichen Leben unterbrochen, welches für den kleinen Buben eine ganz andere Sphäre –HEILIG – und dennoch vertraut war. Und wenn am Sonntag die Glocken zum Kindergottesdienst um 13 Uhr läuteten, lief der Bub von der Bahn „was er nur konnte“ bis ins „Herz“ unserer Gemeinde - die Kirchenburg.
Auch wenn das Schweineschlachten keine gottesdienstliche Handlung warJ, gehörte das zum Leben im Advent. Die Nachbarmänner hielten das Schwein fest, der Bub das Schwänzchen des Schweines, und dann ging`s los. Die Mutter des kleinen Buben war stets heilfroh, wenn das „Stechen“ vorüber war, weil sie das Schwein, welches sie gefüttert, gehegt und gepflegt hatte, bedauerte und Mitleid mit ihm hatte. Bei diesem Akt des Schweineschlachtens war sie nie dabei. Die Großmutter fing in der Schüssel das Blut auf, welches für die Blutwurst verwendet werden sollte. Und dann ging es so weiter, wie die vielen Großauer Buben und Mädchen es seit Jahrhunderten erlebt hatten, eben bis wir „ins Reich“ kamen, ins Deutsche oder ins Öster – Reich. Dann hörte das Schlachten auf, jedenfalls in dieser Art und die Buben und Mädchen tippen auf dem Handy herum, oder auch nicht. Wahrscheinlich würden sie unser ehemaliges Schweinschlachten, unsere Schweinefest, auch action finden und gar nicht mehr an der Glotze oder am Handy hängen.
Auch diese Handlung war keine gottesdienstliche, aber aus unserer Dorf- und Kirchengemeinschaft nicht wegzudenken, nämlich das Sammeln von Mehl, Eiern, Fett, Butter und auch Geld. Alles war ehrenamtlich, von der Nachbarmutter bestens organisiert und das Backen der Kekse für die Weihnachtspäckchen auf dem Pfarrhof ebenso. Ohne Hilfe aus dem goldenen Westen, ohne Produkte von der „Milka – Kuh“ und Kaugummi, alles aus unserer „saracie“, konnte sich die Kirchengemeinde, dank ihrer demokratischen Struktur innerhalb der Kirchenburg, bestens organisieren.
Und nicht zum Schluss hat der Bub von der Bahn mit großer Begeisterung gesehen, wie die Großmutter und die Mutter Kekse backen, von denen es in der Vorweihnachtszeit auch zum Naschen gab. Alles homöopathisch verständlich, nicht aus Überfluss oder zum leichtfertigen Wegwerfen.
Das Beschaffen des Weihnachtsbaumes war jedes Jahr ein Drama. In der Dämmerung oder in der Nacht kamen die Guräner mit ihren „Leiterwägen“ und den schnellen Pferden und brachten die Christbäume, die schnell abgeladen und sofort verkauft werden mussten, da diese Aktion staatlich verboten und von der Polizei bewacht und hart bestraft wurde. Oft kam es auch zu Handgreiflichkeiten mit den Milizionären, weil die selbstständigen Bauern aus Gura Riului sich dem Staat nicht beugen wollten.
Ihr wisst es und der kleine Bub hat es damals auch mit seinen Augen und seinem Herzen gesehen, wie sich die Mutter „abgerackert“ hat. Einmal sagte er: „Es sollten lieber Pillen statt Essen geben, damit du nicht so viel schuften musst.“ Und siehe da, nach vielen Jahren kamen auch die Würfel und die Suppen in der Tüte und viele Fertig-Gerichte, die man kaufen und essen kann, ohne dass die Mutter sich so abmühen muss.
Als der Bub etwas größer und Leuchtersänger wurde, kam ein anderer Pfarrer im Advent in die Kirche, Pfarrer Henrich mit der schönen Pelzkappe. Mit ihm wurde nach dem Kindergottesdienst das Leuchterlied fest eingeübt. Am vierten Advent stellten die fleißigen Presbyter die große Tanne im Kirchenschiff auf. Gemeinsam mit den Presbyterinnen schmückten sie ihn oft während der Sing - Probe der Buben.
Eines ist unverändert geblieben für den kleinen Bub: So eine gute Suppe, so einen schmackhaften Braten, so einen edlen Nussenpunkel und geschmeidigen Zaltn/Hanklich, gibt es nur bei der Mutter im Elternhaus bei der Bahn, und so eine Gemeinschaft nur in seinem Heimatdorf Großau.
Und die versammelte Christenschar in der großen Kirche, umgeben von einer heiligen Kälte, sang das Lied von der Hoffnung kräftig und überzeugend weiter:
2) Er ist gerecht, ein Helfer wert;
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
sein Königskron ist Heiligkeit,
sein Zepter ist Barmherzigkeit;
all unsre Not zum End er bringt,
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Heiland groß von Tat
3) O wohl dem Land, o wohl der Stadt,
so diesen König bei sich hat.
Wohl allen Herzen insgemein,
da dieser König ziehet ein.
Er ist die rechte Freudensonn,
bringt mit sich lauter Freud und Wonn.
Gelobet sei mein Gott,
mein Tröster früh und spat.
4) Macht hoch die Tür, die Tor macht weit,
eu'r Herz zum Tempel zubereit'.
Die Zweiglein der Gottseligkeit
steckt auf mit Andacht, Lust und Freud;
so kommt der König auch zu euch,
ja, Heil und Leben mit zugleich.
Gelobet sei mein Gott,
voll Rat, voll Tat, voll Gnad.
5) Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
sei ewig Preis und Ehr.
Mathias, vulgo Hias, Stieger - Der Bub von der Bahn